Brot backen

Samstag vor einer Woche gegen 14.00 Uhr. Ich sitze auf meiner Couch, stricke ein bisschen und schaue mir auf TLC die Sendung „Zwei Brüder mit Geschmack“ an. (für alle, die es nicht kennen – das ist eine Koch/Backsendung mit zwei englischen Brüdern, einer ist Bäcker und einer ist Metzger und Koch. Die machen, was sie am besten können – kochen und backen).

Heute geht es um Brot und der eine Bruder zeigt, wie man Sauerteigbrot macht und das dies ja kinderleicht ist. Man müsse nur für den Sauerteig etwas Zeit einplanen, wenn man nicht wie er ein 56 Jahre altes Sauerteig-Familien-Glas mit unglaublichem Aroma besitzt. Ein bisschen rühren, ein bisschen kneten und ruckzuck holt er ein duftendes, lockeres Brot aus dem Ofen. Ich rieche es praktisch aus dem Fernseher heraus und mir läuft das Wasser im Mund zusammen.

Mein Interesse und mein Forscherdrang sind geweckt. Das Brot aus dem Supermarkt, dass doch recht oft kaufe, enthält ja soviel Malzsirup und selbst gebacken ist sowieso viel gesünder. Meine Mutter hat noch zwei Tüten Roggenmehl im Schrank, die mein Vater versehentlich letztes Jahr vor Weihnachten für die Plätzchen gekauft hatte.

Fünf Tage soll es dauern, bis der Sauerteig so weit ist. Da ich heute (wieder Samstag) backen will, lege ich am Dienstag los.

In einem großen Einmachglas Mehl und Wasser zu gleichen Teilen vermischen und es dem zukünftigen Sauerteig kuschelig warm machen. Also ab auf die Heizung (gleich neben den Wasserkefir).

Am ersten Tag tut sich nichts. Am zweiten Tag füttere ich den Teig morgens erneut mit Mehl und Wasser. Am Nachmittag kommt Bewegung in die Sache. Mein Neffe Simon, der auf Chemie steht,  wäre begeistert, denn es blubbert und arbeitet im Glas. Man riecht es auch schon, das Mehl-Wasser-Gemisch bekommt eine säuerliche Note.

Am Tag drei, das Glas ist schon mehr als halb voll, wieder füttern. Es arbeitet ordentlich und plangemäß.

Am Tag vier entwickelt der Sauerteig die Aktivität eines aktiven Vulkans und das Gefäß wird leider zu klein. Bis ich das realisiert habe, tropft der Sauerteig dramatisch wie Lava am Heizkörper herunter und bäckt sich zur Übung schon mal fest.

Heute am Samstag, ist der große Backtag. Ich suche nochmal das Rezept im Internet raus und vermische 800 g Roggen- und Weizenmehl mit 800 g Sauerteig. Dazu soll ein knapper halber Liter Wasser und etwas Salz. Der Teig sollte vor dem ersten Ruhen die Konsistenz von Rührteig haben. Nun gut, ich überlasse den Teig also sich selbst für eine Weile in der Hoffnung, dass er fester wird.

Wird er aber nicht. Nun geht es ans Kneten. Auf den eleganten Schwung, mit dem der Fernsehbäcker das Mehl auf der Arbeitsfläche verteilt (schön in Zeitlupe), verzichte ich lieber. Ich will nicht die ganze Küche putzen müssen.

Irgendwas stimmt mit der Teigrezeptur nicht und ich weiß jetzt, warum das Gluten im Mehl auch „Klebereiweiß“ genannt wird. Der Teig klebt trotz gut bemehlter Arbeitsfläche wie verrückt und lässt sich kaum von meinen Händen lösen. Ich sehe mich schon mit zusammengeklebte Fingern in einer Notaufnahme sitzen und mein Respekt vor der Bäckerzunft wächst von Sekunde zu Sekunde.

Nach einer guten halben Stunde und einem weiteren Pfund Mehl habe ich den Teig dann so weit, dass er sich zumindest gefahrlos in Brotform bringen lässt. Eine weitere halbe Stunde putze ich die Arbeitsfläche, bis ich das klebrige Zeug wieder abbekomme. (Meine Hände habe ich vorher mit Scheuermilch und der Spülbürste malträtiert). Komisch, das wird im Fernsehen nie gezeigt.

Nun soll der Brotteig nochmal gehen und das tut er zum Glück auch. Nun kann das Brot endlich in den Ofen. Irgendwie hab ich die Bemerkung meiner Mutter, die „nur mal gucken“ wollte, doch besser Backpapier drunter zu legen, nicht so ernst genommen für die bessere Belüftung  direkt auf den Gitterrost gesetzt.

Das Brotdesaster

Das Brotdesaster

10 Minuten später ist das Brot durch den Gitterrost gesackt und hat nun bereits eingebackene Scheibenrillen. Also befreie ich den Rost aus dem Brot, wende es und setze es auf ein Backblech. 1 1/2 Stunden später ist es braun und riecht auch gut, allerdings merkt man bei der Stäbchenprobe bereits, dass es sehr fest wird.

Der Anschnitt bringt Gewissheit – viel zu feucht, zu fest und „Schlief“. Die Kruste ist ganz lecker, der Rest ungenießbar. Offenbar ist die „Rührteig“-Konsistenz doch nicht so richtig gewesen und das Pfund zusätzliches Mehl hat es auch nicht gebracht.

Meine Mutter nickt verständnisvoll, will aber ihren Zahnersatz nicht gefährden und probiert deshalb die Kruste gar nicht erst.

Ich werde mein Brot also auch weiterhin beim Bäcker kaufen – die Zeit, die es braucht, um Brot zu Hause zu machen, kann ich sinnvoller nutzen. Heute mittag war da doch bei Enie van de Meiklojkes so ein nettes Rezept für Zimtschneckenauflauf…

Den Rest Sauerteig, der meine 56 Jahre andauernde Brotbackkarriere begründen sollte, habe ich entsorgt.

Dem Wasserkefir geht es übrigens gut – das aber eine andere Geschichte.

3 Gedanken zu „Brot backen

  1. Schade, daß ich Deinen Blog und diesen Eintrag erst jetzt gefunden habe. Ich hätte Dir von meinem Sauerteigansatz (der allerdings erst zwei Jahre alt ist) etwas zum Wollefest mitbringen können und ein Rezept dazu, welches auch garantiert funktioniert! Na, vielleicht nächstes Jahr …

    LG Antje (Irmelsine)

  2. :-))))
    das Brot sieht aus als wäre es zu schnell hochgebacken worden, es ist
    ‚gatschig‘ und feucht innen, scheint mir.

    Die sehr hohe Anfangstemperatur muss man nach dem Anbacken wieder
    runterfahren von ca 10 Min. 230° auf 180° (untere Schiene, je nach
    Größe des Brotes ca 35 bis 45 Min, Brot muss hohl klingen, sonst
    ist es nicht durchgebacken).

    Finger bekommt man leichter mit Mehl wieder sauber und
    man hätte das Gemisch ja vor dem Backen noch als hervorragenden
    Kleister für undichte Fenster verwenden können (wird in Teilen
    Sibiriens noch gemacht) *ggg*.

    Lustige Geschichte, ist mir zum Glück noch nicht passiert und ich
    habe nicht mal einen normal großen Backofen, sondern backe mein
    Brot im kleineren Backofen (etwas größer als ein Minibackofen).

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